Darlegungslast bei Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing

Des Bundesverfassungsgerichts zur sekundären Darlegungslast bei Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing, BVerfG v. 18.02.2019, 1 BvR 2556/17

 

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des BGH, die dieser mit der Entscheidung LOUD begründet hat, unbeanstandet gelassen. Zur Erinnerung: nach der Rechtsprechung des BGH obliegt es dem Anschlussinhaber, der eine eigene Haftung für von seinem Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen durch Dritte abwenden will, nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast vorzutragen, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hierbei hat sich der Anschlussinhaber über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären.

Der Kläger hatte hiergegen Verfassungsbeschwerde eingelegt, die nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Das Bundesverfassungsgericht führt aus, dass die vom BGH festgelegte, abgestufte Darlegung- und Beweislast eine geeignete Handhabe ist, um die beteiligten Grundrechtspositionen in Ausgleich zu bringen, einerseits dem nach Art. 14 Grundgesetz geschützten Leistungsschutzrechte des Rechteinhabers und andererseits den Schutz der innerfamiliären Bindungen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu explizit ausgeführt, der bloße Umstand, mit anderen Familienmitgliedern zusammenzuleben, führt nicht automatisch zum Haftungsausschluss für den Anschlussinhaber. Zwar müssen sich Familienangehörige nicht gegenseitig belasten, wenn der konkret Handelnde nicht ermittelbar ist. Die Möglichkeit, innerfamiliäre Spannungen durch Schweigen im Prozess zu verhindern oder jedenfalls nicht nach außen tragen zu müssen führt allerdings umgekehrt nicht dazu, dass dieses Schweigen eine Haftung generell ausschließen müsste. Diese faktische Wahlmöglichkeit im Zivilprozess, über innerfamiliäres Wissen zu schweigen oder es aber zu offenbaren, kann keinen Vorrang vor der Durchsetzung des Leistungsschutzschutzrechts beanspruchen. Der Schutz der Familie dient nicht dazu, sich der eigenen Haftung für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums zu entziehen.

Der BGH trägt mit seinen Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast der Tatsache Rechnung, dass Rechteinhaber zur Durchsetzung ihrer Rechte in Filesharing-Verfahren regelmäßig keine Möglichkeit haben, zu Umständen der Internetnutzung durch den Anschlussinhaber vorzutragen oder Beweis zu führen. Der BGH berücksichtigt damit die Interessen an einer effektiven Durchsetzung ihrer urheberrechtlichen Position gegenüber unberechtigten Verwertungshandlungen. Die Beeinträchtigung der familiären Beziehungen der Beschwerdeführer hält sich dabei in Grenzen. Ein Vortrag der Eltern zu einer Täterschaft ihrer Kinder ist nach dieser Rechtsprechung gerade nicht erzwingbar. Allerdings tragen die Eltern das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung, wenn sie die Darlegung- und Beweisanforderung nicht erfüllen.

 

Damit bestätigte das Verfassungsgericht die Rechtsprechung des BGH als verfassungskonform. Wenn der Anschlussinhaber die Vermutung für seine Täterschaft entkräften will, ist es seine Sache, darzulegen, ob und soweit bekannt welche anderen Personen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Hinsichtlich der im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast vorgetragenen Umstände trifft sie bei Bestreiten auch die Beweislast. Wenn die benannten Zeugen insoweit von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, bleibt der Anschlussinhaber beweisfällig. Somit wird die Grundlage der tatsächlichen Vermutung für die täterschaftliche Verantwortung als Anschlussinhaber nicht erschüttert.